Hyder. Unser erster Besuch in AlaskaHyder. Our first visit to Alaska

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Übliche Entfernungen in Alaska

Die Anstrengung der Paddeltour wird bewusst. Ich habe geschlafen wie ein Stein, es ist schon 11 Uhr und ich könnte bestimmt noch zwei Stunden schlafen. Aber wir sind ja nicht zum Schlafen auf Reisen!

Leider sieht es heute nach einem Regentag aus. Der Himmel ist grau und Wind zieht auf. Die Wellen unten auf dem See sind weiß und wir bemitleiden diejenigen die momentan auf dem See paddeln. Das macht sicher wenig Spaß.

Wir verabschieden uns von Lothar und einem Paar aus Österreich die wir auf den Seen mehrmals getroffen haben.

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Bekannte aus der Wildnis 😉

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Bye Bye! Schön wars! Danke

Jetzt fahren wir zu einer alten Goldrausch Stadt: Barkerville.
Barkerville wurde genau der Stelle wiederaufgebaut, an der sie 1862 gegründet wurde. Wir schlendern durch die matschige Straße (es gibt nur eine) und begutachten die alten, restaurierten Häuser. Obwohl alles sehr gut nachgestellt ist, kann ich mir nicht vorstellen wie die Menschen hier damals gelebt haben.

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Nach einer Gerichtsshow, von der wir leider nur sehr wenig verstanden haben – die Witze gar nicht – geht’s weiter nach Prince George zu Walmart. Wir kaufen ein wie die Hyänen, denn wer weiß ob es in Alaska was gibt. Wir decken uns mit frischem Obst und Gemüse, aber vor allem mit Dosenfutter und Tütenfraß ein – nach unserer Paddeltour wissen wir, dass das Fertigessen gar nicht mal soo schlecht schmeckt.

Unser Weg nach Norden bringt uns über Terrace, wo wir Indianer beim Fischen beobachten können. Ein am Fels angeseilter Mann angelt mit einem großen Netz und einem Versuch ca. 10 Lachse.
„Wow. Das geht ja einfach“, denke ich. Bin aber überrascht, dass er sie nachdem er einmal ins Netz schaut wieder ins Wasser wirft.
„Hä? Warum schmeißt der die wieder weg?“, frage ich Jan. Er weiß es allerdings auch nicht. (Später erfahren wir, dass nur bestimmte Fische gefangen werden dürfen)

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Einmal den Käscher rein und voll ist er.

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Manche schaffen es 1m hohe Kaskaden zu „überspringen“!

Nach einer erneuten Nacht bei Walmart, diesmal in Terrace, starten wir früh am Morgen. Unser Wecker klingelt um 5 Uhr. Wir wollen eine kleine extra Runde durch den Wald fahren, die Strecke wurde uns empfohlen. Hier sieht man angeblich „Spirit Bears“, weiße Braunbären. Ohne Frühstück und ohne Kaffee geht’s los. Ich bin nicht sonderlich gut gelaunt (Kaffeemangel!) und die Tatsache, dass wir keinen einen Bären, ob weiß, braun oder schwarz, sehen, erhellt nicht meine Stimmung.
Außerdem haben wir nur noch wenig Sprit im Tank und hoffen auf eine Tankstelle. Uns war das Tanken in Terrace für 1.39/l zu teuer, was wir jetzt bereuen. Auf dem ganzen Weg zum Lava Lake Provincial Park, wo ich endlich Kaffee koche, gibt es keine Tankstelle. Wir sind besorgt: Hier ist weit und breit kein Mensch, kein Auto und kein Ort zu sehen.
„Was, wenn auf den nächsten 100km keine Tankstelle kommt? Wir haben nicht mal genug Sprit, um zurück nach Terrace zu kommen.“, frage ich Jan und erwarte gar keine Antwort.
Wie gerufen fährt ein Auto neben uns auf dem Parkplatz. Es sind Einheimische die uns zum Glück sagen, dass bald eine Tankstelle in Sicht ist.
Wir sind erleichtert.
Nach einem kleinen Spaziergang über Lavalandschaft fahren wir zur Tankstelle. Doof nur, dass wir hier für 1,60/l tanken, statt 1.39/l.

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Vollgetankt fahren wir bis nach Alaska. Zuerst erreichen wir Steward in Kanada. Ein kleines Dorf mit ein paar Hotels und Kneipen für die Touristen. Kurz später fahren wir über die Grenze nach Hyder. Wir sind in Alaska, USA. „Rein“ kommen wir ohne Kontrolle, wir fahren einfach in ‚die Stadt‘ als gäbe es hier keine Grenze.

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Hyder ist noch kleiner als Steward, hier leben nur 65 Menschen und ich kann verstehen warum. Es wird nicht umsonst Geisterstadt genannt. Sehr viele Häuser sind verfallen, Restaurants die vor 40 Jahren gebrummt haben, existieren nicht mehr – nur noch das dazugehörige Schild am Straßenrand und in fast jedem Garten findet man Schrott und alte, verrostete Autos.

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Am ‚Fish Creek‘, einem sehr beliebten Bären-Beobachtungs-Punkt, wollen wir den Tieren beim fischen zu sehen. Wir haben allerdings kein Glück. Die Bären sind nicht da. Vor einigen Wochen haben Biber einen Damm gebaut, so dass die Lachse nicht in den Fluss kamen. Die Bären haben das schnell bemerkt und sich einen anderen Platz zum Mittagessen ausgesucht. Wir schauen insgesamt drei mal am ‚Fish Creek‘ vorbei, sehen aber keine Bären – dafür riesige Lachse die uns ein Wettrennen flussaufwärts bieten.

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Wildlife. Viel mehr haben wir nicht zu sehen bekommen.

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Doch den hier…

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… aber der fängt leider keine Fische mehr.

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Alle warten…

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..mit den größten und besten Kameras.

Obwohl wir keine Bären sehen und wir bisher auch keine schlechten Erfahrungen mit den Tieren hatten, bin ich jede Nacht im Zelt oder auch bei jedem Spaziergang ängstlich. Ich würde mich mit Bärenspray ein wenig sicherer fühlen. Der einzige ‚General Store‘ in Hyder verkauft angeblich welches. Ich schaue nach. Der Laden erinnert mich an die Bahnhofskneipe, in der ich früher mit meinem Opa einmal war. Es ist total vernebelt, ich sehe kaum was. Die Souvenir-Tierchen in den Regalen, genau wie alles andere in den Regalen, ist eingestaubt und die Wände gelblich. Ich frage schnell nach Bärenspray und werde fündig. 75$. Aber was sind schon 75$ wenn es um Leben und Tot geht 😉

Zurück in Steward entdecken wir das ‚Bear Festival‘ mit BBQ. Die freiwillige Feuerwehr kümmert sich um Essen und Trinken, Preise gibt es nicht. Die Gäste sollen einfach einen ihrer Meinung nach angemessenen Betrag in den Gummistiefel auf dem Tisch werfen. Es gibt ‚chopped Pork‘ was mich an Gulasch erinnert, aber nicht ganz so lecker schmeckt. Auch hier werden 50/50 Tickets verkauft, selbstverständlich kaufen wir welche – sind aber diesmal leider nicht die glücklichen Gewinner.

Der Campingplatz im Ort gefällt uns nicht, wir duschen lediglich und parken dann neben der Schule – in der Hoffnung dass uns niemand entdeckt und wegschickt.

Wir hatten zwar nicht den schönsten Nachtplatz, wurden aber immerhin nicht verjagt. Auch heute morgen geht’s früh los. Wir fahren hoch zum ‚Salmon Glacier‘. Vorher stärken wir uns mit Pancakes vom Festival.
Oben am ‚Bear Glacier‘ haben wir eine fantastische Aussicht auf den Gletscher. Alles sieht winzig klein aus, aber der Schein trügt. Die Spalten im Eis sind sicher einige Meter tief. Wir klettern über Stock und Stein, um dem Eis ein wenig näher zu kommen und die enormen Massen fassen zu können. Es ist ein schreckliches Gekraxel. Jan will immer weiter nach unten, ich würde am liebsten wieder umkehren. Unten angekommen kann man das Eis schmelzen hören und manchmal bricht auch ein Stück Eis ins Wasser. Es ist gruselig und imposant. Leider ist das Eis nicht weiß, sondern schwarz-grau und der See nicht tiefblau, sondern matschig braun.
Nun müssen wir den ganzen Weg wieder nach oben. Wir haben kein Trinken dabei, kein Essen…aber immerhin die Kamera und das Bärenspray 😉 Ich habe Durst, Hunger, mir ist heiß und ich bekomme schlecht Luft. Der Weg nach oben ist nicht lang aber steil. Ich bin heilfroh, als wir am Auto ankommen und hänge mich an die Wasserflasche. Nach einer ordentlichen Portion selbstgekochter Spaghetti Bolognese geht’s mir wieder gut.

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Hoffentlich kracht das jetzt nicht ein!

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Ohhh… ganz schön kalt hier.
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Heute Abend übernachten wir 13km außerhalb von Steward am See auf einem kleinen, kostenlosen Campingplatz. Niemand außer uns ist hier. Wir schauen noch einen Film und schlüpfen ins Zelt. Draußen knackst es überall – vielleicht der Bär, der unser Essen riecht? Oder doch nur das kleine Eichhörnchen, das von Ast zu Ast springt? Egal. Wir sind ja sicher. Dank Bärenspray, welches ab sofort immer im Zelt zu sein hat, sobald wir schlafen gehen!